Protokoll der 218. Sitzung (21.02.2002) - See- und Binnenschifffahrt
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 g auf:
a) - Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Zweites Seeschifffahrtsanpassungsgesetz - SchAnpG 2 -)
- Drucksache 14/6455 -
(Erste Beratung 182. Sitzung)
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Rainer Funke, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes (SeeUG)
- Drucksache 14/6892 -
(Erste Beratung 190. Sitzung)
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
(15. Ausschuss)
- Drucksache 14/8264 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Faße
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Helmut Wilhelm (Amberg)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Winfried Wolf
b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Annette Faße, Reinhard Weis (Stendal), Hans-Günter Bruckmann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung des Deutschen Binnenschifffahrtsfonds
(Binnenschifffahrtsfondsgesetz - BinSchFondsG)
- Drucksache 14/6159 -
(Erste Beratung 173. Sitzung)
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (15. Ausschuss)
- Drucksache 14/7882 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (15. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Kommission für den Europäischen Rat von Biarritz über die Gesamtstrategie der Gemeinschaft für die Sicherheit im Seeverkehr
KOM (00) 603 endg.; Ratsdok. 11997/00
- Drucksachen 14/4945 Nr. 2.24, 14/6251 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Konrad Kunick
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (15. Ausschuss)
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga, Annette Faße, Gerd Andres, weiterer Abgeord neter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS -
SES 90/DIE GRÜNEN
Schiffssicherheit auf der Ostsee verbessern
- zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Optimierung der Ostseesicherheit im Bereich der Kadetrinne
- Drucksachen 14/6211, 14/5752, 14/6909 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Christine Lucyga
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (15. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat
Verbesserung der Dienstqualität in Seehäfen: Ein zentraler Aspekt für den europäischen Verkehr
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Marktzugang für Hafendienste
KOM (2001) 35 endg.; Ratsdok. 06375/01
- Drucksachen 14/6214 Nr. 2.2, 14/7890 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Konrad Kunick
f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel, Reinhard Weis (Stendal), Hans-Günter Bruckmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion des BÜNDNIS -
SES 90/DIE GRÜNEN
ILO-Übereinkommen über die soziale Betreuung der Seeleute ratifizieren
- Drucksachen 14/5247, 14/7898 -
Berichterstattung:
Abgeordneter Johannes Singhammer
g) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg), Dr.-Ing. Dietmar Kansy, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Untersuchung von Seeunfällen (Seeunfalluntersuchungsänderungsgesetz - SeeUÄndG)
- Drucksache 14/8108 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)
Rechtsausschuss
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat die Kollegin Angelika Mertens, Parlamentarische Staatssekretärin, das Wort.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Herr Präsident! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Bundesregierung bekräftigt ihre Auffassung, daß die breite Palette der teilweise gemeinsam mit den Küstenländern eingeleiteten Vorsorge- und Bekämpfungsmaßnahmen die Sicherheit und den Schutz der maritimen Umwelt in der Deutschen Bucht gewährleisten.
Das war die Antwort der ehemaligen Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Sicherheit in der Deutschen Bucht" vom 28. September 1998. Die ehemalige Regierung sah also genau einen Monat vor der "Pallas"-Havarie keine Veranlassung, ihr maritimes Notfallkonzept zu überarbeiten.
(Iris Gleicke [SPD]: Hört, Hört!)
Wir haben umgehend nach der Havarie Verantwortung für die Verbesserung der maritimen Sicherheit übernommen. Wir stützen uns dabei auf drei Komponenten: ein optimiertes Notfallmanagement, den sicheren Verkehrsweg und das sichere Schiff. Wir haben die Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission "Havarie Pallas" unter dem Vorsitz von Senator a. D. Claus Grobecker vom Februar 2000 als Grundlage genommen und das bisherige Notfallvorsorgekonzept umfassend auf den Prüfstand gestellt, um es, wo erforderlich, zu verbessern. Zur Bewertung und Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission wurde im März 2000 eine interministerielle Projektorganisation eingerichtet. Im November 2000 hat die Bundesregierung ihren ersten und im Oktober 2001 ihren zweiten Sachstandsbericht dieser Projektgruppe vorgelegt.
Dabei ist besonders hervorzuheben, dass eine Einigung auf eine Organisationsstruktur für ein Havariekommando erfolgte, das heißt, auf eine Struktur für eine zentrale, einheitliche Einsatzleitung für alle Einsatzkräfte des Bundes und der Küstenländer. Einsatzzentrale wird ein maritimes Lagezentrum mit 24 Stunden Dienstbetrieb sein, das aus dem Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und den Wasserschutzpolizeien der Küstenländer aufgebaut wird. Bei einer schweren Havarie übernimmt der Leiter des Havariekommandos die Führung des Einsatzes. Arbeitsstäbe für Schadstoff- und Brandbekämpfung, Verletztenversorgung, Bergung und Öffentlichkeitsarbeit werden ihn beraten.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, deren Arbeit ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich würdigen möchte, ist eine Organisation, die sich gänzlich aus Spendengeldern finanziert. Ich kann nur sagen: Hut ab vor dem, was die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger leistet.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und die Marine werden durch Kooperationsvereinbarungen in die Arbeit des Havariekommandos eingebunden. Zurzeit werden die für die Einrichtungen des Havariekommandos erforderlichen Vereinbarungen zwischen Bund und Küstenländern abgestimmt. Ich gehe davon aus, dass das Havariekommando voraussichtlich noch in diesem Jahr, also in 2002, seine Arbeit aufnehmen wird.
Große Erfolge haben wir auch bei dem wichtigen Thema Notschleppkapazität erzielt. Wir haben erreicht, dass seit Beginn der Schlechtwetterperiode in der Nordsee weiterhin vollständig und in der Ostsee an den Verkehrsschwerpunkten, also in der Kieler Förde, im Kiel-Ostsee-Weg und in der Kadetrinne, ausreichende Notschleppkapazitäten zur Verfügung stehen. Damit stellen wir sicher, dass es keine Sicherheitslücken bei der Notschleppkapazität in Nord- und Ostsee gibt.
(Beifall bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nachdem wir Sie zu Ihrem Glück getrieben haben!)
Die laufende Charter des Hochseeschleppers "Oceanic" endet am 15. April 2002. Wir haben Ende Januar die Ausschreibung für eine Anschlusscharter gestartet. Die Ausschreibung orientiert sich an den Zielvorgaben, die von Experten nach neuestem Stand von Wissenschaft und Technik formuliert worden sind. Der zu charternde Schlepper soll diese Zielvorgaben bestmöglich erfüllen.
In absehbarer Zeit wird zusätzlich ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt, in dem alle interessierten Schleppreedereien aufgefordert werden, zur Vorbereitung längerfristiger Lösungen ihre Möglichkeiten zur optimalen Notschleppversorgung in Nord- und Ostsee und ihr Interesse daran darzulegen.
(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gut, dass wir uns gemeldet haben!)
Wir haben für die Ostsee den stufenweisen Ausbau der Notschleppkapazität, die im November 2001 mit der Bereitstellung von zwei Schleppern in Kiel und Warnemünde eingeleitet worden ist, planmäßig fortgesetzt.
Der sichere Verkehrsweg gehört auch zu dem, was wir uns vorgenommen haben. Sie wissen, dass wir zur Erkennung und Überwachung von Schiffen die IMO gebeten haben - das ist auf unser Drängen zustande gekommen -, die Einführung eines automatischen Schiffsidentifizierungssystems, AIS, vorzusehen. Im Juli dieses Jahres werden alle neuen Schiffe mit derartigen Systemen ausgerüstet sein und bis 2008 werden alle größeren Schiffe mit AIS nachgerüstet sein.
Ich komme zu einer weiteren Empfehlung der Grobecker-Kommission. Sie hat 30 Empfehlungen gegeben; die Empfehlung 24 lautet:
Die Expertenkommission empfiehlt, unverzüglich den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Seeunfalluntersuchungsgesetzes... an den internationalen Standard (nach dem Vorbild des Flugunfall-Untersuchungsgesetzes) vorzulegen.
In Tokio haben 22 Staaten vor kurzem ein internationales Programm zu den Qualitätssicherungsaufgaben der Flaggenstaaten im Seeverkehr beschlossen. Dazu zählt ausdrücklich auch die Staatenverpflichtung zur internationalen Zusammenarbeit bei der Unfalluntersuchung.
Bisher fehlen unserer Verkehrsverwaltung nahezu alle Voraussetzungen dafür. Deutsche Untersuchungsführer können eigentlich noch nicht einmal mit ihren ausländischen Kollegen telefonieren, ohne gegen den Datenschutz zu verstoßen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch nicht Ihr Ernst!)
Der Regierungsentwurf trennt erstmals die unabhängige, objektive Ermittlung der Unfallursachen zum Zwecke des Lernens und Vorbeugens von der individuellen Fehleranlastung und dem Patententzug. Hierfür gibt es weder nach dem internationalen Standard noch nach dem deutschen Verfassungsrecht eine Alternative. Sie wissen, dass die Seeämter Behörden sind und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht unabhängig tätig sein dürfen, wie es für die Unfalluntersuchung unerlässlich ist. Damit würden sie gegen das Demokratiegebot verstoßen.
Der Gesetzentwurf,
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ist Schrott!)
den wir vorlegen, greift auf Bewährtes zurück. Bei der Eisenbahn wird seit hundert Jahren und beim internationalen Luftverkehr seit einem halben Jahrhundert so untersucht. Alle Bundesländer verfahren in dieser Weise und die IMO hat das Verfahren des Luftverkehrs auf den Seeverkehr übertragen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Staatssekretärin - -
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Ich komme zum Schluss.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Eigentlich müssten Sie zum Schluss kommen. Erlauben Sie zuvor aber noch eine Zwischenfrage des Kollegen Koppelin?
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Ja, Herr Koppelin.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte schön, Herr Koppelin.
Jürgen Koppelin (FDP): Frau Staatssekretärin, halten Sie es auch mit der Demokratie für vereinbar, dass die Presse und die Öffentlichkeit aus dem Verfahren ausgeschlossen werden, wie Sie es jetzt vorgesehen haben?
(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja gar nicht! Das ist nicht wahr!)
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Der Fehler, den auf der rechten Seite des Hauses alle machen, ist folgender: Sie unterscheiden nicht genügend. Auch Seeamtsverhandlungen werden weiterhin öffentlich stattfinden können.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie wollen einfach nicht unterscheiden. Das ist das Problem in Ihrer Argumentation, in der Sie auch von interessierter Seite unterstützt werden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Von allen! Das ist Ihr Problem!)
Sie müssen einfach zwischen dem unterscheiden, was dem Vorbeugen und Lernen gilt, und dem, was zum Patententzug führen kann.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Hans-Michael Goldmann [FDP]: 10 Prozent der Fälle! Das wissen Sie doch!)
Wenn Sie darüber noch einmal nachdenken oder wenn wir darüber noch einmal reden,
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das hätten Sie mit uns tun können! Das haben wir oft angeboten!)
dann werden Sie diesen Unterschied feststellen und hoffentlich dem, was an der Küste verbreitet wird, keinen Glauben mehr schenken.
Dieses Gesetz, das wir jetzt vorlegen, ist ein Schutz für die Seeämter.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach du grüne Neune!)
- Es ist ein Schutz für die Seeämter.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die Seeämter sind darin ausdrücklich festgeschrieben. Insofern sollten Sie bitte davon Abstand nehmen, an der Küste zu verbreiten, die Seeämter würden geschlossen. Das ist nicht der Fall. Ich bin, wie gesagt, jederzeit bereit, mit Ihnen darüber auch noch einmal einen kleinen Diskurs zu machen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das haben Sie ein halbes Jahr nicht getan! Das brauchen Sie jetzt auch nicht!)
Diese Unterscheidung aber zwischen dem Patententzug und dem, was wir mit diesem Gesetz beabsichtigen, also auch den internationalen Anschluss zu finden, bitte ich zu treffen. Wir liegen in dieser Frage wirklich auf einem Platz ganz hinten. Mit diesem Gesetz werden wir wieder an den internationalen Standard anknüpfen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Kollegin Mertens, erlauben Sie eine weitere Frage des Kollegen Koppelin?
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Bitte, Herr Koppelin.
Jürgen Koppelin (FDP): Frau Staatssekretärin, würden Sie, da Sie gesagt haben, dass unsere Argumentation falsch sei, behaupten, dass die norddeutschen Küstenländer einschließlich der Sozialdemokraten in diesen Ländern der Opposition auf den Leim gegangen sind?
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Da unterscheiden Sie meines Erachtens auch nicht richtig. Der Bundesrat hat dieses Gesetz ausdrücklich begrüßt. Das ist die Grundlage, auf der wir auch mit den Bundesländern diskutieren. Dass es in der einen oder anderen Frage vielleicht ein paar Unterschiede gibt, ist in diesem Fall relativ unerheblich. Der Bundesrat hat diesen Gesetzentwurf begrüßt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Jetzt bitte ich aber, zum Schluss zu kommen.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Ja, ich komme zum Schluss.
Die Bundesregierung nimmt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger an der Nord- und Ostsee sehr ernst. Deshalb steht die Sicherheit für die internationale Schifffahrt in Nord- und Ostsee im Bereich unserer Hoheitsgewässer im Zentrum unserer politischen Zielsetzungen. Ich sage noch einmal: Wir haben mit dem SeeUG wieder den Standard erreicht, den uns andere vorgegeben haben. Mit AIS und mit Notschleppkapazitäten setzen wir Standards. Ich denke, das, was wir gemacht haben, kann sich mehr als sehen lassen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Ulrich Adam von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Ulrich Adam (CDU/CSU): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben beschrieben, dass die Öffentlichkeit zukünftig nicht außen vor ist. Dann würde ich Sie aber noch fragen, warum der Deutsche Journalisten-Verband Mecklenburg-Vorpommern mir ein dringendes Schreiben genau mit dem Inhalt schickt,
(Gila Altmann [Aurich] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bestellt!)
- dies ist nicht bestellt! -, dass man das befürchtet.
Ich will Ihnen noch eines sagen: Ich habe mich in diesem Zusammenhang jetzt bewusst gemeldet,
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich dachte, das wäre unbewusst geschehen!)
weil wir im Augenblick im Petitionsausschuss einen Fall auf dem Tisch haben, nämlich das Seeunglück der "Beluga" vor - fast auf den Tag genau - drei Jahren, den wir nur deswegen auf dem Tisch haben, weil Journalisten sich darum gekümmert und nicht das akzeptiert haben, was Seeämter getan haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Deswegen halte ich es schon für wichtig, wenn hier darüber gesprochen wird. Ich bitte Sie, das zu erklären.
(Annette Faße [SPD]: Das machen wir!)
Denn gerade bei solchen Fällen haben zumindest die Hinterbliebenen ein Anrecht darauf, alle Möglichkeiten wahrnehmen zu können, dass sie über das Schicksal ihrer verunglückten Männer genau Bescheid wissen, dass alles ausgeschöpft ist. Es darf jetzt nicht die Möglichkeit außen vor bleiben, dass Journalisten sich darum noch kümmern können. Die schreiben darüber doch nicht aus reinem Übermut heraus, sondern haben gute Gründe dafür. Insofern ist, so meine ich, auch unsere Kritik an dieser Sache gerechtfertigt.
Ich erwarte, dass das entsprechend geändert wird. Denn das sind wir gerade denen schuldig, die letztendlich an diesen Unglücken zu tragen haben. Das sind in jedem Fall und im speziellen Fall der "Beluga" die Hinterbliebenen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Staatssekretärin, wollen Sie erwidern? Bitte schön.
Angelika Mertens, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Journalisten sind sicherlich manchmal kluge Leute, aber in diesem Falle sind Sie auf dem Holzweg. Ich sage noch einmal: Die Seeamtsverhandlungen werden weiterhin stattfinden.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und öffentlich sein!)
Wie bei der Flugunfalluntersuchung, wie bei der Eisenbahn geht es hier darum, dass wir diese Unfälle untersuchen und aus ihnen lernen. Alles, was zivilrechtlich dahinter steht, wird weiter so gemacht, wie es nach Recht und Ordnung geschehen muss. Die Seeämter werden auch weiterhin Patententziehungen vornehmen. Ich bin manchmal ganz verzweifelt, weil überall auf der Welt anders verfahren wird und nur wir uns mit unseren Verfahren total abgekoppelt haben.
Ich sage noch einmal: Ein Seeamt ist eine Behörde und darf nach dem Grundgesetz sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht unabhängig agieren. Ich glaube, der große Unterschied in der Argumentation zwischen uns liegt darin, dass Sie das einfach nicht wahrhaben wollen. Ich kann auch verstehen, dass die Seeämter vielleicht um ihren Bestand fürchten. Aber das ist nicht das Problem. In dem Entwurf des SeeUG ist ausdrücklich festgelegt worden, dass die Seeämter weiterhin ihren Aufgaben nachkommen sollen. Diese liegen zum Beispiel auch beim Patententzug.
Ungewöhnlich ist - man kann das an dieser Stelle auch einmal sagen - die Tatsache, dass das Verfahren immer öffentlich stattgefunden hat. Wenn Sie beispielsweise Ihren Führerschein verlören und es gäbe eine Verhandlung darüber, dann würden Sie sich wundern, wenn 150 Leute im Publikum säßen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau das findet weiter öffentlich statt!)
- Es sei denn, jemand macht von seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Gebrauch.
Wir befinden uns wirklich auf sehr sicherem Gebiet. Insofern können Sie Ihrem Journalistenverband sagen, dass er auch weiterhin Seeamtsuntersuchungen mit Patententzug erleben wird. Er wird auch die Erkenntnisse einer unabhängigen Unfalluntersuchung verwerten und darüber diskutieren können. Die zivilrechtliche Ebene muss davon getrennt werden; das ist eine völlig andere Sache. Wir diskutieren über die Materie seit eineinhalb Jahren. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass man solche Probleme bereits am Anfang hätte klären können. Dann wären Sie auch nicht in die falsche Richtung gelaufen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Walter Hirche [FDP]: Das Protokoll dieser Debatte wird an der Küste Entzücken verbreiten!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Börnsen von der CDU/CSU-Fraktion.
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Gesetzentwurf ganz genau liest, kommt man zu einer anderen Auslegung als der, wie sie von der Parlamentarischen Staatssekretärin vorgenommen worden ist. Dieser Gesetzentwurf ist kein Schutz für die Seeämter, sondern eine Schande für die Demokratie.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will das auch genau begründen.
Heute brennen an der Nordsee die traditionellen Bijke-Feuer, mit denen in alter Zeit die Winterstürme ausgetrieben und die Walfänger zu ihrer Frühjahrsfahrt verabschiedet wurden. Doch die Bevölkerung ist zornig. An Nord- und Ostsee läuft man Sturm gegen einen Gesetzentwurf, den niemand will und der heute von Rot-Grün durchgepeitscht werden wird. Die geballte Bürgerwut richtet sich gegen einen Bodewig-Gesetzentwurf, der als fachlich falsch, zeitlich unpassend und inhaltlich antidemokratisch angesehen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der vorliegende Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes schließt in Zukunft die Öffentlichkeit weitgehend von Seeamtsverhandlungen aus,
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Auch durch ständige Wiederholungen wird das nicht wahrer!)
verlagert die Fachaufsicht auf die Bundesbehörde, ermöglicht die Weitergabe aller personengeschützten Daten und schafft das Widerspruchsverfahren ebenso ab wie die Einbeziehung von ehrenamtlichen Fachleuten.
(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das ist doch falsch!)
Der Gesetzentwurf verstößt gegen den Grundsatz der Transparenz bei der Untersuchung von Seeunfällen, bei denen der Staat oder eine Behörde eine Mitschuld tragen. Der Angeklagte ist in Zukunft sein eigener Richter.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Der Gesetzentwurf verstößt gegen die Pressefreiheit, weil aus den bisher öffentlichen Seeamtsverhandlungen jetzt behördeninterne Verfahren werden.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt verstehe ich endgültig nichts mehr! Wir reden, glaube ich, über ein anderes Gesetz!)
Den Journalisten ist es in Zukunft weitgehend verboten, an Seeamtsverhandlungen teilzunehmen.
Außerdem verstößt der Gesetzentwurf gegen den Persönlichkeitsschutz. Kommt es zu einem Seeunfall und wird ein Matrose oder ein Offizier beschuldigt, können sie sich nicht mehr öffentlich dagegen wehren.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber selbstverständlich! - Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das steht doch drin! § 29! Das musst du lesen, Helmut!)
Die Verhandlungen erfolgen hinter verschlossenen Türen. Auch wenn der Beschuldigte schuldlos ist, den Makel behält er. Dem Rufmord sind Tür und Tor geöffnet. Recht hat in Zukunft nur noch die Behörde.
Das Gesetz verstößt gegen eine Reihe grundsätzlicher Prinzipien unserer Demokratie.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)
Deshalb kämpfen aufrechte Demokraten wie Hans von Wecheln von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Fachleute von Nord- und Ostsee sowie Verbände gegen dieses Kritikverhinderungsgesetz von Rot-Grün.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Gewerkschafter und Greenpeace protestieren dagegen. Die Lotsenkammer, die Reeder, die Nautischen Vereine, die Schiffsingenieure, die Seglerverbände, die Wasserschutzpolizei,
(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Die Schwimmbäder!)
Betriebs- und Personalräte aus der maritimen Wirtschaft, Umweltschützer, Fischer und auch die norddeutschen Journalistenverbände protestieren dagegen. Obwohl sich unter dieser geballten Front von Küstenkritikern Sympathisanten der Koalition befinden, lässt Bundesminister Kurt Bodewig dieser Protest völlig kalt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)
Diese Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit kritischen
Bürgern gilt auch für Teile der SPD und der Bündnisgrünen. Keine Anregung, kein Ratschlag von uns - so ein
Sprecher der "Aktionskonferenz Nordsee" - wurde von Bodewigs Ministerium oder von SPD und Grünen akzeptiert. Zweimal standen wir als Bittsteller vor verschlossenen Türen. Dieser außergewöhnliche Vorgang lässt nach den Beweggründen des Bundesverkehrsministers Bodewig fragen. Warum soll hier ein Gesetz in undemokratischer Weise mit der Brechstange durchgesetzt werden?
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist hier undemokratisch?)
Zuerst einmal geht es um das Reformgesetz des Ministers. Mit diesem Gesetz werden die Seeämter von
Emden, Bremerhaven, Hamburg und Rostock im Prinzip aufgelöst und das Seeamt Kiel verkleinert.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie behalten ihre Befugnisse wie bisher!)
Es bleibt das Oberseeamt in Hamburg, das in Zukunft für die Seeamtsverhandlungen zuständig sein wird - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Jetzt kommt es: Die Aufsicht über dieses Amt übt das Berliner Bundesverkehrsministerium aus.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aha!)
Verwaltungstechnisch ist das Hamburger BSU beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie angesiedelt. Auch diese Behörde wiederum ist Berlin unterstellt. Reformziel erreicht, kann Bodewig dem Bundeskanzler melden: mehr Zentralisierung, weniger Personal und doppelte Abhängigkeit der neuen Behörde vom eigenen Ministerium.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einen weiteren Beweggrund dieser eiskalten Seeamtsreform sehen die Küstenkritiker in der Tatsache, dass sich nach der Havarie der "Pallas" Seeämter, also Behördenvertreter, erdreistet haben, ebenso wie viele Fachleute Kritik an dem dilettantischen Krisenmanagement von Rot-Grün in Kiel, aber auch am Berliner Ministerium zu üben. Der schleswig-holsteinische Journalistenverband spricht mit Recht von einer Lex "Pallas", die heute verabschiedet werden wird. Gleichzeitig wird in diesem Transparenzverhinderungsgesetz eine Mauer des Schweigens um das zukünftige Havariekommando errichtet. Damit wird verhindert, dass mögliche zukünftige Behördenfehler aufgedeckt werden, wie Greenpeace heute noch einmal öffentlich angeprangert hat.
Noch nie hat diese Bundesregierung eine so klare Aussage zu ihrem politischen Grundverständnis getroffen wie in der Begründung für das neue Seeunfalluntersuchungsverfahren. Darin heißt es wörtlich, dass eine öffentliche Verhandlung Ausdruck einer - jetzt kommt es -
von alters her überkommenen, staatlich geordneten, als konfrontativ verstandenen Streitkultur
ist. Ich wiederhole: Die Bundesregierung, Frau Staatssekretärin, hält ein transparentes öffentliches Verfahren für das Instrument einer überkommenen Streitkultur. Das steht in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs.
(Beifall bei der CDU/CSU - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, abenteuerlich! - Zuruf von der CDU/CSU: Das ist antidemokratisch!)
Ich bin tief enttäuscht, dass Kollegen von den Sozialdemokraten und den Grünen, die ich sehr schätze, heute ihre Hand für diesen Gesetzentwurf heben werden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, traurig!)
Schließlich - daraus ergibt sich ein drittes Motiv - hat Bundesverkehrsminister Bodewig seine Sparbringschuld gegenüber dem Bundesfinanzminister noch nicht erfüllt. Es ist aufmerksamen Gewerkschaftern zu verdanken,
dass im Spätsommer vergangenen Jahres die Pläne des
Bundesministers für einen radikalen Stellenabbau von 6200 Planstellen im Bereich der See- und Wasserbehörden bekannt wurden.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat aber mit dem Seeunfalluntersuchungsgesetz gar nichts zu tun!)
Durch Privatisierung von Diensten, Ausgabenverlagerung und Abbau von Arbeitsplätzen will Bodewig sein ehrgeiziges Ziel durchsetzen. Zwar hat ihn der Protest der Personalräte derzeit einknicken lassen. Doch die Gut achten haben ihre Aktualität nicht verloren. Die jetzt beginnende personelle Entleerung der Seeämter wird von Gewerkschaftern als Anfang des größten Personalabbaus in der Geschichte des Bundesverkehrsministeriums gesehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Auch wenn Bodewig seine Pläne zurzeit in der Schublade hat verschwinden lassen: Unruhe, Besorgnis und Ängste an der Küste sind gewachsen.
Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum SPD und Grüne mit Hast und Hetze den vor liegenden Gesetzentwurf durchpeitschen.
(Susanne Kastner [SPD]: Oh! Oh!)
Man will nämlich vor dem Wahlkampf Ruhe an der Küste haben. Kenn zeichnend für diese Strategie von Rot-Grün ist ein Vorgang, der sich im federführenden Verkehrsausschuss abgespielt hat und den die Öffentlichkeit ruhig erfahren sollte: Änderungsanträge mit einem Umfang von fast 50 DIN-A-4-Seiten wurden uns am Beginn der Ausschusssitzung auf den Tisch geknallt. Trotz der Bitte von CDU/CSU, FDP und PDS, die Debatte so lange zu verschieben, bis man die Vorlagen gelesen habe, haben Sie Ihre Mehrheit rücksichtslos genutzt, um eine Behandlung der entsprechenden Punkte zu verhindern.
(Zurufe von der CDU/CSU: Pfui! - Unerhört! - Undemokratisch!)
Dafür bestand weder eine zeitliche noch eine sachliche Notwendigkeit. Das, was hier mit den Abgeordneten der Opposition getrieben worden ist, war in höchstem Maße unkollegial. Ich habe mich richtig getroffen gefühlt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Es ist gegen jede parlamentarische Kultur, so mit der Opposition zu verfahren.
Auch aus den Reihen der Sozialdemokraten gibt es Widerstand gegen das SeeUG. Ich gehe davon aus, dass er echt ist und keine Alibifunktion hat. So teilte der aus Schleswig-Holstein stammende Kollege Opel in einem Rundbrief, der an viele Verbände ging, mit, ihn bedrücke die Tatsache, dass alle Bundesländer, insbesondere die betroffenen Küstenländer, gegen das Gesetz seien, Frau Staatssekretärin, und dass es bisher strikt vermieden worden sei, einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, der eindeutig auf die Ablehnung der betroffenen Bundesländer stoße. Doch das geschieht heute! Vor letzten Monat hat sich die rot-grüne Koalition in Schleswig- Holstein und gestern hat sich die große Koalition in Bremen gegen das Gesetz entschieden, und zwar mit großer parlamentarischer Mehrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege Börnsen, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weis?
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen.
(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Das stimmt nicht! Die Frage will er sich nicht stellen
lassen! - Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr habt euch nie bemüht, Gemeinsamkeit herzustellen, auch Sie nicht, Herr Kollege!)
Die Stellungnahme des Bundesrates ist eindeutig: Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht vertretbar; denn im Kern bleibt dieser Entwurf bei seinem für jeden Demokraten unvertretbaren Ansatz der Geheimhaltung.
Ich fasse zusammen: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt den vor liegenden Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes ab, weil das bisher unabhängige, öffentlich tagende Seeamtsgericht zugunsten eines internen Behördenverfahrens abgeschafft werden soll, weil hochkompetente Fachleute wie Kapitäne, Lotsen und Rechtsanwälte aus dem Ehrenamt zugunsten weisungsgebundener Behördenbeauftragter ausgesperrt werden sollen, weil die bisherigen Sofortmaßnahmen der Seeämter wie zum Beispiel Patententzug bei Trunkenheit von Steuerleuten zugunsten eines bis zu zwölf Monaten dauernden bürokratischen Verfahrens abgeschafft werden sollen,
(Annette Faße [SPD]: Das ist falsch! - Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Doch, das stimmt, Frau Faße!)
weil auf der Basis von Seeamtssprüchen, die bisher in 70 Prozent der Fälle zu außergerichtlichen Vergleichen geführt haben, eine Einigung nicht mehr möglich sein soll und weil es jetzt zu langwierigen Verhandlungen vor den Zivil- und Strafgerichten kommen wird.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist rechtsstaatlich!)
Alles wird wesentlich teurer und komplizierter. Das sagen die Reeder, die Hafenlotsen, die Fachleute von Greenpeace und die Betriebsräte.
(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Die haben ein besonderes Interesse! Das wissen wir doch!)
Die Versicherungskosten werden steigen. Das sagen die Vertreter der Kleinschifffahrt. Alle befürchten eine Rufschädigung durch unkontrollierbare Verfahren. Nur das Bundesverkehrsministerium behält in Zukunft stets eine weiße Weste.
Es gibt noch einen weiteren Punkt, über den die Öffentlichkeit ständig falsch informiert worden ist. Ausgangspunkt der Gesetzesinitiative ist die EG-Richtlinie 1999/35, die die Mitglieder der IMO verpflichtet, den Code A 849 (20) bei der Untersuchung von Schiffsunfällen anzuwenden. Andere EU-Länder haben mit einer Rechtsanpassung darauf reagiert. Auch das wäre bei uns durch die Änderung von zwei Paragraphen möglich gewesen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ganz einfach! - Annette Faße [SPD]: Nein!)
Ohne aufwendiges Gesetz wäre das bei uns machbar.
(Annette Faße [SPD]: Falsch!)
So sehen es die Bundesländer, so sah es die Mehrzahl der Rechtsexperten bei der öffentlichen Anhörung.
Doch das Verkehrsministerium produziert 26 Seiten mit neuen Paragraphen allein mit dem Ziel, die bestehenden Seeämter zu disziplinieren und die Beachtung, die die Öffentlichkeit Seeamtsverhandlungen widmet, zu minimieren, wohl wissend, dass vonseiten der EU ein eigenes Verfahren vorbereitet wird. Aber anstatt abzuwarten - wie der Reederverband geraten hat -, wird stur dem Eigeninteresse des Bodewig-Ministeriums gefolgt. Auch der heute hier vorliegende Gesetzentwurf der Union geht von der Notwendigkeit einer Veränderung aus.
Wir schlagen eine unbürokratische Anpassung an die EU-Norm vor. Mit diesem Ansatz erreichen wir, dass Havarieverhandlungen weiterhin öffentlich stattfinden und die Strukturen demokratisch bleiben. Täglich sind folgenschwere Unfälle auf See möglich. Allein in der Deutschen Bucht verkehren pro Jahr über 80 000 große Boote, in der Kadet rinne, in diesem gefährlichsten Bereich der Ostsee, 60 000. Das heißt, wir haben immer wieder mit neuen Risiken zu tun. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Risiken abgebaut werden und Strukturen geschaffen werden, aus denen klar hervorgeht, dass Vorsorge von den politisch Handelnden als wichtigste Maßnahme angesehen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen deshalb, dass die riesigen Lücken, die noch weiterhin bestehen, geschlossen werden.
Schwerpunkt der maritimen Strategie muss die Unfallvermeidung und nicht die Unfallnachsorge sein.
(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Machen wir durch unser Gesetz!)
Das im Sommer konzipierte Havariekommando ist ein erster Schritt, erfüllt jedoch nicht die notwendigen Anforderungen, die für ein maritimes Sicherheitskonzept aus einem Guss erforderlich sind. Deshalb hält die Union an ihrer Forderung nach einer nationalen Küstenwache mit einheitlicher Führung und einem übergreifenden Handlungskonzept fest. Das Havariekommando steht nur in einem konkreten Havariefall unter einheitlicher Führung, sonst nicht. Kontra produktiv ist, dass die Landesbehörden und die Bundesmarine außen vor gelassen werden. Auch die Einbeziehung der SAR-Hubschrauber, der Ölaufklärungsflugzeuge und der Ölauffangschiffe der Bundesmarine erfolgt nicht. Erst wenn das alles in einem Zusammenhang gesehen wird und entsprechende Regelungen getroffen werden, halten wir die Vorsorgemaßnahmen für effektiv. Die über 100 Boote des Bundes fallen immer noch in die Zuständigkeit von fünf verschiedenen
Ministerien und Behörden. Deshalb bleibt es dabei, dass immer noch ein Risiko bleibt, wenn wir nicht eine Krisenmanagementzentrale aus einem Guss und mit einer Zielrichtung schaffen.
Handlungsdruck kommt unter anderem vom Bundesrechnungshof und vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Alle sagen, dass die Seedienste konzentriert werden müssen. Handlungsdruck kommt auch von der EU: Beide, das Parlament und die Kommission, wollen eine europäische Küstenwache. Doch diese Küstenwache kann nur dann geschaffen werden, wenn vorher eine nationale See- und Küstenwache geschaffen wurde. Mit dem Havariekommando wird das nicht möglich.
(Annette Faße [SPD]: Ist der erste Schritt in die richtige Richtung!)
Es stellt nur einen ersten Schritt dar und ist aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit keine Voraussetzung dafür.
(Beifall des Abg. Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU])
Was muss man tun? Man muss dafür sorgen, dass durch eine Grundgesetzänderung endlich die auf eine Vielfalt von Behörden verteilte Kompetenz zusammengefasst wird. Davor hat man sich bisher immer gedrückt,
(Annette Faße [SPD]: Ihr auch!)
obwohl sich inzwischen die Parlamente in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern dafür ausgesprochen haben. Man hätte nach der "Pallas"-Katastrophe wirklich anders reagieren und Nägel mit Köpfen machen müssen. Stattdessen kommt man nicht über erste Schritte zur Erreichung wirklich guter Ziele hinaus.
(Annette Faße [SPD]: Sie haben ja gar keinen Handlungsbedarf gesehen!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ich komme zum Schluss.
In dieser Situation - das wird auch durch die heutige Abwesenheit des Bundesverkehrsministers deutlich - wird das Seeunfalluntersuchungsgesetz viel wichtiger
- das haben auch die Ausführungen der Staatssekretärin gezeigt - als ein praktikables Konzept zur Vorbeugung von Schiffsunfällen mit einem Notfallmanagement aus einer Hand.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Helmut Wilhelm vom Bündnis 90/Die Grünen.
Helmut Wilhelm (Amberg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Börnsen, über weite Strecken Ihrer Rede hatte ich den Eindruck, dass Sie von einem völlig anderen Gesetzentwurf als von dem gesprochen haben, der heute auf der Tagesordnung steht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wie so oft: Ein Blick ins Gesetz fördert die Rechtskunde. Auch und gerade im Bereich der Seefahrt muss die Tätigkeit des Gesetzgebers darauf ausgerichtet sein, die deutsche Rechtslage neuen, aktuellen Entwicklungen und Standards ebenso wie internationalen Anforderungen anzupassen. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, IMO, aktiv für die ständige Verbesserung der Seeschifffahrt ein. Darum wird heute der präventive maritime Umweltschutz verbessert und etwas für die Umsetzung der europaweiten Sicherheitsanforderungen getan.
Sinn und Zweck dieses Gesetzes ist insbesondere die Unfallverhütung. Die Bevölkerung und die Natur der Küsten sollen zukünftig effektiver als bisher geschützt werden können. Darum muss die Frage der persönlichen Vorwerfbarkeit in Bezug auf einen Unfallhergang von der
systematischen, objektiven Unfalluntersuchung und den Lehren, die daraus zu ziehen sind, getrennt werden.
Der Gesetzentwurf sieht daher eine Reform der Seeunfalluntersuchung nach internationalem Standard vor. Er trennt erstmals die objektiven Ermittlungen der Unfallursachen - zuständig hierfür ist zukünftig eine unabhängige und weisungsungebundene Bundesstelle - von der individuellen Verantwortlichkeit und dem damit unter Umständen verbundenen Entzug der Patente, wofür weiterhin die Seeämter zuständig sind.
Das Verfahren vor den Seeämtern bleibt, wie es ist: Es bleibt öffentlich, wenn nicht - das ist eine datenschutzrechtlich notwendige Neuerung - die betroffene Person, um deren Patent und damit berufliche Zukunft es geht, beantragt, die Öffentlichkeit auszuschließen. Gegen die Entscheidung des Seeamtes kann Widerspruch bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord eingelegt werden. Hiergegen ist wiederum die Klage vor dem Verwaltungsgericht zulässig. Dort ist das Verfahren dann natürlich, wie bei jedem anderen Gericht, ebenfalls öffentlich. Sämtliche Seeämter bleiben erhalten. Sie haben auch künftig das zu klären, was bereits heute ihre Aufgabe ist. An der Zusammensetzung des Entscheidungsgremiums ändert sich durch den Gesetzentwurf ebenfalls nichts Wesentliches.
Ich will die Arbeit der Seeämter an dieser Stelle ausdrücklich loben. Sie haben ihre Unfalluntersuchungsaufgaben - gerade mithilfe des Sachverstands von ehrenamtlichen Beisitzern - bislang in guter Art und Weise erledigt. Für die neue Bundesstelle sehe ich demgegenüber allerdings noch deutlich bessere Möglichkeiten bei der Unfalluntersuchung. Die Vorteile gegenüber den Seeämtern liegen zum einen in ihrer Unabhängigkeit und zum anderen in ihrer internationalen Untersuchungsbefugnis.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Welches Seeamt soll international untersuchen?)
Weit über die persönliche Anhörung hinaus können im Rahmen der Untersuchung Praktiker und Wissenschaftler nach Wahl dieser Behörde als Sachverständige hinzugezogen werden.
Das Unfalluntersuchungsverfahren der Bundesstelle wird nicht öffentlich sein. Das ist gewollt und wegen des Untersuchungsvorgangs praktisch auch nicht anders denkbar. Auch das Eisenbahn-Bundesamt, die Polizei und die Staatsanwaltschaft untersuchen nicht öffentlich. Aus praktischen Gründen können sie das nicht.
Genauso verhält es sich bei dieser Behörde. Die Behörde untersucht zukünftig weltweit Unfallszenarien vor Ort und kraft eigener Untersuchungszuständigkeit, wenn deutsche Schiffe oder deutsche Bürger beteiligt sind. Bisher ist das nur begrenzt möglich.
Die weisungsunabhängige Behörde soll neben der umfassenden Unfalluntersuchung auch Vorschläge - das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren - zur zukünftigen Unfallvermeidung unterbreiten. Der Bericht, den die Bundesstelle erarbeitet, hat den Sinn und Zweck, gerade die Öffentlichkeit über den Unfall und über mögliche Präventionsmaßnahmen zu unterrichten. Der Bericht soll Fakten liefern, die in erster Linie die Politik unterstützen sollen, um geeignete Gegenmaßnahmen beschließen zu können.
(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)
Der Gesetzentwurf entspricht damit voll dem 1998 in diesem Haus einstimmig verabschiedeten Flugunfalluntersuchungsgesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Das neue Verfahren greift auf Bewährtes zurück. Bei der Eisenbahn wird seit über 100 Jahren so untersucht, im internationalen Luftverkehr ist es seit mehr als 50 Jahren Praxis. Dazu gibt es meines Erachtens auch bei der Seeschifffahrt keine stichhaltige Alternative.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Goldmann von der FDP-Fraktion.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Hans-Michael Goldmann (FDP): Ob Sie hinterher noch etwas zu Lachen haben, wage ich sehr zu bezweifeln. Lächerlich ist die Sache sicherlich nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge schätzte Kollegin Mertens, die FDP ist für Sicherheit auf See; dafür hat sie eine Menge getan. Wenn Sie all die Dinge zusammenfügen, die wir gerade in der letzten Zeit als Anfragen und Anregungen an Sie herangetragen haben, werden Sie zu dem gleichen Urteil kommen.
(Beifall bei der FDP)
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass der Kollege Koppelin Sie vor einiger Zeit gefragt hat, was aus den Empfehlungen der Grobecker-Kommission geworden ist. Damals hatten Sie nichts aufzubieten. Heute gibt es Gott sei Dank das Havariekommando. Wir stehen hundertprozentig zu dieser Entwicklung.
Zweiter Punkt: Sie sagen, dass die "Pallas"-Kommission die 24. Empfehlung ausgesprochen hat. Liebe Kollegin, das ist falsch. Ihr Haus hat dafür gesorgt, dass diese Empfehlung in den Bericht aufgenommen wurde. Ich weiß das hundertprozentig. Die Empfehlung passt überhaupt nicht in die Systematik dessen, was der Grobecker-Bericht vorgibt. Sie haben also zunächst eine falsche Grundlage angeführt.
Drittens. Sie haben behauptet, die EU zwinge Sie zu irgendetwas. Sie haben immer behauptet, es gebe ein Schreiben, eine Verfahrensandrohung seitens der EU. Wir haben uns vor Ort erkundigt. Es stimmt nicht. Mittlerweile gibt es ein solches Schreiben, weil Sie so lange darum gebettelt haben, bis die EU-Kommission endlich gesagt hat: In diesem Bereich muss sich etwas tun.
(Iris Gleicke [SPD]: Quatsch!)
Ihr Referentenentwurf, den Sie 2000 ins Verfahren gegeben haben, ist eine Katastrophe.
(Beifall bei der FDP)
Das sagen nicht wir, sondern das sagen alle, die von der Materie Ahnung ha ben. Die Ablehnungsfront ist beeindruckend. Ich fand es interessant, Herr Kollege Weis, dass Sie vorhin, als der Kollege sagte, der VDR wende sich da gegen, sagten, das sei typisch. Der VDR wehrt sich gar nicht besonders da gegen. Die haben ihre Sache nämlich in trockenen Tüchern; das wissen Sie sehr genau.
Der Bundesrat, die Deutsche Schutzgemeinschaft Nordseeküste, alle deutschen nautischen Vereine, der Verband der Schiffsingenieure, der Verband der See- und Hafenlotsen, die Bundeslotsenkammer, die Direktionen der Wasserschutzpolizei, der Bundesgrenzschutz See, der Deutsche Journalisten verband, Greenpeace, Verdi-Westküste, der Landtag Schleswig-Holstein, die Bürgerschaft Bremen, der Landesverband Niedersachsen-Bremen von Bündnis 90/Die Grünen - alle sind dagegen, weil sie sagen, dass der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf dem, was wir brauchen, nicht Rechnung trägt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie sind in diesem Punkt außerordentlich unaufrichtig.
Nun will ich Ihnen aus meiner Sicht einmal sagen, wie das mit den Seeämtern ist. Die Seeämter haben im Moment bei etwa 10 bis 15 Prozent der Verfahren mit Patententzug zu tun. Nur diese Verfahren behalten die Seeämter. Ihre Regelung sieht ganz klar vor, dass von den zurzeit bestehenden fünf Seeämtern nur ein Seeamt bleibt, nämlich das Seeamt Kiel. Von Kiel sollen die anderen Seeämter im Bedarfsfall beschickt werden. Noch einmal: Die Seeämter sind nur noch für die Patententzugsverfahren zuständig.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das waren sie doch bisher auch!)
Nur noch diese Verfahren finden öffentlich statt - sofern nicht einer der Beteiligten sagt: Ich will nicht, dass das Verfahren öffentlich ist. - Sie sagen: Das ist Datenschutz.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Vorhin hat die Frau Staatssekretärin einen sehr interessanten Vergleich gezogen. Sie hat gesagt, wenn jemandem der Führerschein entzogen wird, sei das ja auch nicht öffentlich. Genau das ist der Punkt. Seeamtsverhandlungen, die sowieso nur noch 10 bis 15 Prozent der Fälle ausmachen werden, sollen in Zukunft nicht öffentlich sein. Sie wollen mauscheln, Sie wollen vertuschen und den Dingen nicht auf den Grund gehen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Das ist die Basis für das, was Sie hier machen. Das ist eine eindeutig falsche Behauptung, Kollege Wilhelm. Ich schätze sonst Ihre Fachlichkeit sehr - hier liegen Sie falsch. Orientieren Sie sich an Ihrer Kollegin Eichstädt-Bohlig; die hat das scharf kritisiert und sie hat Recht.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich komme zu den Auslandsuntersuchungen. Sie behaupten, dass Auslandsuntersuchungen nicht möglich sind. Mich ärgert das maßlos. Sie haben es auch erhalten und es liegt Ihnen vor. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord schreibt in der Pressemitteilung - ich lese vor - zum Seeunfall der "Prins Richard":
Das Seeamt Kiel hat die Untersuchung des Fährunglücks der dänischen Fähre "Prins Richard" gemeinsam mit der dänischen Untersuchungsbehörde zum Abschluss gebracht.
Sie sagen, dass heute keine Untersuchung möglich ist, die einen anderen Partner hat. Was soll der Blödsinn, den Sie hier in den Raum stellen?
(Widerspruch bei der SPD)
Sie wissen ganz genau - das steht in Ihrem Gesetz -, dass Sie solche Dinge untersuchen können. Das setzt aber voraus, dass die Länder, die davon betroffen sind, das mitmachen.
Die Situation wird mit Ihrem neuen SeeUG - im Vergleich zu der mit dem jetzt schon bestehenden SeeUG - kein Stück besser. Ganz im Gegenteil, sie wird schlechter, weil Sie dafür noch nicht einmal die Mittel bereitstellen, die nötig sind.
(Annette Faße [SPD]: So ein Quatsch!)
- Frau Faße, in dem Bericht, der Ihnen auch vorliegt, können Sie das bestens nachlesen.
Ich komme zum nächsten Punkt. Sie sprechen von einer Culture of Blame und tun so, als ob die Leute vor den Seeämtern irgendwie schändlich behandelt würden. Beispielhaft sage ich, dass 80 bis 90 Prozent aller Fälle, die vor Seeämtern verhandelt werden, zu einer Befriedung führen. Es kommt sehr selten zum Anrufen des Oberseeamtes. Die Dinge sind vor Ort bestens geregelt. Die Untersuchungen vor den Seeämtern entsprechen dem IMO-Code. Ihr SeeUG entspricht dem IMO-Code nicht. Das ist eindeutig festzustellen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Sie wissen genau, dass die vom Ministerium beabsichtigte Abschaffung der Feststellung fehlerhaften Verhaltens gegen die Anforderungen des IMO-Codes verstößt. Ihr Gesetz ist fachlich dilettantisch gemacht.
Lesen Sie nach, was die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest - Seeamt Bremerhaven - schreibt. Sie behaupten ja, die Seeämter würden keine Empfehlungen geben. Dort stehen Empfehlungen auf acht Seiten. Sie müssen die Unterlagen, die Ihnen die Fachbehörden zuleiten, einmal lesen.
Ich komme zur Öffentlichkeit. Ich habe eben schon gesagt, dass Sie die Öffentlichkeit ausschließen. Sie führen die ganze Sache im Grunde genommen klammheimlich durch. Dafür haben Sie gute Gründe. Bei der Untersuchung des "Pallas"-Unglücks hat sich nämlich
herausgestellt, dass in einigen Fällen Behördenversagen
- vor allen Dingen ein Versagen des Ministeriums - vorlag.
(Jürgen Koppelin [FDP]: So ist es!)
Deswegen wollen Sie mit Ihrem neuen SeeUG ein Behördenschutzverfahren einführen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Jürgen Koppelin [FDP]: Und den Minister schützen!)
Ich komme zur Umsetzung des IMO-Codes und zur Unverständlichkeit des Regierungsentwurfs. Herr Weis, Sie haben vorhin Beifall geklatscht, als gesagt wurde, man würde die Flugunfalluntersuchungen auf das SeeUG über tragen. Es tut mir Leid, Herr Weis, in diesem Fall haben Sie keine Ahnung. Die Flugunfalluntersuchung ist sehr speziell. Sie basiert vor allen Dingen darauf, dass technisches Versagen die häufigste Unfallursache ist.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das gibt es bei Schiffen ebenfalls!)
Bei Seeunfällen ist das aber größtenteils anders.
(Beifall bei der FDP)
Dort kommt es häufig zu einer Vernetzung von technischem und menschlichem Versagen.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Deshalb muss beides untersucht werden!)
- Herr Kollege Wilhelm, dabei wird derjenige, der den Unfall verursacht hat, nicht als nackt hingestellt. Tun Sie doch nicht so! Die Seeamtsuntersuchungen haben auch bei den Kapitänen eine hohe Akzeptanz.
Es gibt einen, der das nicht will. Ich unterstelle demjenigen, dass er ein ganz spezielles Interesse daran hat. Sein Verband will das, was er will, nicht. Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Machen Sie nicht eine Person, die sich in dieser Frage kritisch äußert, zum Zeitzeugen. Ich habe es vorhin vorgelesen; Sie können noch jede Menge mehr haben. Ich bin bei vielen Verhandlungen und Veranstaltungen an der Küste gewesen. Ich habe nicht einen Einzigen getroffen, der Ihrem SeeUG zuneigte. Ihr SeeUG ist - das habe ich vorhin schon gesagt - wirklich maritimer Schrott. Nehmen Sie das zurück!
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Herr Weis, wir haben Ihnen in diesem Verfahren - in dem Zusammen hang bin ich auch menschlich
enttäuscht - unseren eigenen Gesetzentwurf viele Male zur gemeinsamen Diskussion angeboten. Wir haben Ihnen Kompromissvorschläge auf der Basis der Bundesrats-vorgelegt. Wir haben an den Bundeskanzler geschrieben. Ich habe Frau Mertens angeschrieben und Frau Faße angesprochen. Wir haben versucht, zu retten, was zu retten ist. Sie waren taub und blind und haben ein Gesetz durchgesetzt. Das hat meiner Meinung nach entscheidend etwas damit zu tun, dass sich hier ein Ministerialbeamter verwirklichen will. Ein solches Gesetz kann Ihre Zustimmung nicht finden. Ihre Kollegen vor Ort sind dagegen. Hier im Raum sitzen Leute, mit denen ich Veranstaltungen durchgeführt habe. Die haben gesagt, dass das Gesetz nichts taugt und dass es den neuen Herausforderungen nicht gerecht wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege Goldmann, kommen Sie bitte zum Schluss.
Hans-Michael Goldmann (FDP): Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie noch einmal, Ihr Gesetz zurückzunehmen. Lassen Sie uns in eine neue Diskussion einsteigen! Wir haben die Zeit und die Gelegenheit dazu. Sie wissen ganz genau, dass wir uns hier auf einem gemeinsamen Wegbewegen können. Ich würde es sehr bedauern, wenn wir in dieser Frage, bei der es eigentlich keinen Parteienstreit geben müsste, nicht zu einer gemeinsamen Lösung kommen würden. Ich bitte Sie darum.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Winfried Wolf von der PDS-Fraktion.
Dr. Winfried Wolf (PDS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! In der heutigen Debatte, in der es auch viele andere wichtige Punkte gibt, sind wir jetzt bei einem Thema, das hier am meisten diskutiert wird: dem Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetz. Meine Partei kommt bei diesem Thema zu der gleichen Position wie CDU/CSU und FDP.
(Annette Faße [SPD]: Das ist ja kein Wunder!)
Dazu kommen wir nicht, Frau Kollegin Faße, aufgrund irgendeiner Voreingenommenheit, sondern aufgrund des Versuchs, die Unterlagen zu studieren, und nach der kritischen Auswertung dessen, was in der Anhörung vorgetragen wurde.
Die Frau Staatssekretärin hat hier vorgetragen, dass eine Verfahrensweise kritisch bilanziert werde, weil sie althergebracht sei. Es ist eine Verfahrensweise, von der bisher alle vor Ort gesagt haben, sie funktioniere einiger maßen gut und sie habe einen hohen Anerkennungsgrad; es sei wichtig, dass die Seeämter unter anderem große Revierkenntnisse haben. Sie ist auch auf die richtige, die ideale Zusammensetzung von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Tätigkeit eingegangen. Aber das alles wird abgetan und die Verfahrensweise soll abgeschafft werden, weil angeblich eine Anpassungsnotwendigkeit besteht.
Zweitens. Ich möchte unterstreichen, dass die Argumentation, dass die Anhörungen weiterhin öffentlich seien, falsch ist, nicht allein wegen dem, was die Verbände, die angeblich voreingenommen sind, sagen, sondern auch wegen dem, was Sie schreiben. Sie schreiben in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes:
Die öffentliche Verhandlung im Seeamtsverfahren ist Teil einer von alters her überkommenen, staatlich geordneten, als konfrontativ verstandenen Streitkultur: alle Interessierten machen "Einfluss" geltend ... Dagegen ist das vor gesehene neue Verfahren einer unabhängigen Bundes stelle für
Seeunfalluntersuchung Teil einer modernen kooperativen Sicherheitskultur. ... An die Stelle des Streitregulativs "mündliche Verhandlung" tritt in der
Verkehrsverwaltung das Sicherheitsregulativ der Produktion von Expertenwissen und Qualitätsressourcen sicherheitsorientierter Sachkompetenz sowie der Sicherheitspartnerschaft der Verantwortlichen ...
Das ist einfach lächerlich. Vor dem Hintergrund und mit der gleichen Begründung können Sie jede öffentliche Gerichtsverhandlung ad absurdum führen
(Beifall bei der PDS und der FDP - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wenn er Recht hat, hat er hundertprozentig Recht!)
und sagen, das sei eine falsche, überkommene Streitkultur und man müsse stattdessen eine neue, sicherheitsorientierte Streitkultur einführen.
Ich zitiere dazu die "Bremer Nachrichten", die vor einigen Tagen geschrieben haben:
Gerade die Regierung Schröder/Fischer hat während des Spendenskandals jedwede Geheimniskrämerei vehement angeprangert und Öffentlichkeit als
wesentliches Element demokratischer Kontrolle gefordert. Dass Rot-Grün sich jetzt bei der Seeunfalluntersuchung von diesem Prinzip radikal verabschiedet, hat vielfach an der Küste Verwunderung ausgelöst.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: "Verwunderung" ist geschmeichelt!)
- Ist geschmeichelt, einverstanden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die sind platt!)
Auch die Behauptung, dass hier eine Anpassung an EU-Recht erforderlich wäre, ist mehrfach widerlegt worden. Es ist gesagt worden, dass die entsprechende Anpassung unter anderem durch zwei konkrete Änderungen realisiert werden könne.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Dänen haben es mit einem Satz gemacht!)
Der vielfache Verweis auf die Unfallursache im Fall der "Pallas" erscheint bei Ihnen, Frau Staatssekretärin, einerseits konstruiert und andererseits ein bisschen so, als wären Sie schlechte Verlierer. Wir haben uns bei der "Pallas"-Untersuchung differenziert geäußert und nicht alles geteilt, was FDP und CDU/CSU vorgetragen haben. Aber jetzt in der Folge dessen das althergebrachte Verfahren aufzulösen, das ist meiner Ansicht nach problematisch.
(Helmut Wilhelm [Amberg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es wird nicht aufgelöst! Es ist parallel! - Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Selbstverständlich wird es aufgelöst!)
Letzte Anmerkung. Sie alle sagen, die breite Phalanx derjenigen, die für die Aufrechterhaltung des Verfahrens seien, bestehe aus der interessierten Seite von der Küste, Frau Kollegin Mertens. Das würde heißen, es ginge nur um eine einzige Seite. Wenn aber alle Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Küstenländer und Verbände, diese Position einnehmen,
(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Keiner ist da für!)
dann müssten Sie doch vielleicht ein Moratorium schaffen, dann müsste noch einmal darüber nachgedacht werden, wieso versucht wird, die Auflösung des Verfahrens gegen alle Stimmen auch der eigenen Basis durchzusetzen. Ich bitte Sie um den Versuch, ein Moratorium zu schaffen.
Danke schön.
(Beifall bei der PDS)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als nächste Rednerin hat die Kollegin Annette Faße von der SPD-Fraktion das Wort.
(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Die zieht jetzt den Antrag zurück, weil sie eingesehen hat, dass er Quatsch ist!)
Annette Faße (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt sind wir uns heute sicherlich einig: Die Vermeidung von Schiffsunfällen steht an erster Stelle.
(Beifall der Abg. Dr. Christine Lucyga [SPD])
Präventive Maßnahmen müssen zum Schutz der Seeleute, der Passagiere und der Meeresumwelt eindeutig Priorität vor der Schadensbegrenzung und der Schadensbekämpfung haben.
Ich möchte jetzt, abweichend von meinem Konzept, zu einigen Punkten Stellung nehmen.
Erster Punkt. Warum wollen wir eine Änderung und legen einen entsprechenden Gesetzentwurf vor? Es ist richtig, dass wir uns den internationalen Standards anpassen müssen. Dazu gibt es keine Alternative. Es ist auch richtig, dass die EU von uns verlangt, dass wir ihre Richtlinie umsetzen.
Zweiter Punkt. Ich halte es aber für eine Unterstellung, Herr Kollege Goldmann, wenn Sie sagen, dass der zweite Brief, der eingetroffen ist, ein bestellter Brief der EU gewesen sei. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dritter Punkt. Sie sagen, dass die 24. Empfehlung der "Pallas"-Kommission bestellt gewesen sei. Die "Pallas"-Kommission hat vollkommen unabhängig getagt. Fragen Sie bitte einmal den Vorsitzenden Grobecker danach, wie er seine Arbeit beurteilt. Wer behauptet, dass dies eine bestellte Formulierung sei, dem muss ich sagen, dass das nicht wahr ist.
Wir haben 1998 die Flugunfalluntersuchung in diesem Haus einstimmig neu geregelt.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Da gab es auch keine
Flugunfalluntersuchungsämter, Frau Kollegin!)
Diese unterscheidet zwischen dem persönlichen Verschulden und der Frage die Unfallursache.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das kann man nicht vergleichen! Das wissen Sie doch!)
Die entsprechenden Regelungen übertragen wir zwar nicht wörtlich, aber im Kern.
Ich habe die Jahre zuvor keinerlei Kritik an der zuständigen Bundesstelle in Braunschweig gehört. Wenn Sie auch dieser Bundesstelle Geheimniskrämerei vorwerfen, dann muss ich diesen Vorwurf zurückweisen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Haben Sie Kritik an den Seeämtern gehört?)
Die Flugunfalluntersuchungsstelle in Braunschweig leistet sachliche und transparente Arbeit. Auch das Eisenbahn-Bundesamt geht genauso vor.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Haben Sie nicht zugehört?)
Sie müssen also schon einen Antrag stellen, der zum Inhalt hat, wie diese Arbeit verändert werden soll.
(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie hat nichts begriffen!)
Wir teilen Aufgaben auf. Diese Feststellung ist richtig und korrekt. Die Seeämter bleiben erhalten. Das ist in allen Protokollen und auch im Ausschussprotokoll eindeutig nachzulesen. Die Aufgabenstellung ist klar.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber sie ist nicht mehr die alte!)
Die Seeämter tagen weiter öffentlich, es sei denn, der Betroffene widerspricht. Ich sage ganz deutlich: Das Recht des Betroffenen ist an dieser Stelle höher zu bewerten als das Interesse der Öffentlichkeit. Das dient dem Schutz des Einzelnen. Wer meint, in öffentlichen Veranstaltungen würde die Wahrheit eine größere Rolle spielen als in geschlossenen Veranstaltungen, der möge dieses erst einmal belegen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist keine Veranstaltung! Das ist ein Verfahren!)
Ich komme jetzt zur Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung. Diese Bundesstelle ist unabhängig. Sie kann weiterhin Experten hinzuziehen, wenn sie es für richtig hält.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie hat doch kein Geld dafür!)
Es gibt keine Vorgabe des Ministeriums oder des Ministers. Diese Bundesstelle erstellt einen Bericht, der veröffentlicht wird und zu dem alle Beteiligten Stellung nehmen können.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Seeamtsberichte werden auch öffentlich gemacht!)
Es gibt an dieser Stelle auch die Möglichkeit eines Minderheitenvotums. Eine große Geheimniskrämerei zu unterstellen ist also nicht korrekt. Auch den Vorwurf, dass wir Verwaltungen, einzelne Personen oder Mitglieder des Ministeriums schützen wollen, weise ich zurück. Das Wort Kungelei, das hier an verschiedener Stelle gefallen ist, ist nicht berechtigt. Es ist eindeutig falsch.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die SPD-Arbeitsgruppe hat sich sowohl im Rahmen einer Fachkonferenz in Cuxhaven als auch in der Anhörung sehr früh mit dem Entwurf befasst.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Strikte Ablehnung! Alle waren dagegen!)
Der Bundesrat hat die Bundesstelle begrüßt.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!)
Die Länder haben im Nachhinein eine andere Stellungnahme abgegeben. Die ser
Stellungnahme können wir nicht folgen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Zu dem Inhalt!)
Es ist nach diesem Text nicht möglich, die Regelungen bezüglich des IMO-Codes und die EU-Richtlinie zu berücksichtigen. Wir müssen sie aber Stück für Stück in deutsches Recht umsetzen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist eine rechtliche Einbindung, wie sie auch die Dänen und die Engländer gemacht haben!)
Jetzt lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den Änderungsanträgen sagen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: 40!)
Es ist eindeutig falsch, dass sie erst als Tischvorlage vorhanden waren.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Doch, genauso war es! Wir haben sie überhaupt nicht gehabt!)
Es ist eindeutig korrekt, dass der Bote diese Unterlagen am Nachmittag des Vortages verteilt hat.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie viele waren es denn, Frau Faße? - Zuruf von der CDU/CSU: Falsch!)
Sie können gerne sagen, dass es viele Blätter waren. Wir haben eine wunder bare Synopse aufgestellt. In dieser Synopse gab es Seiten, in denen überhaupt keine Veränderungen vorgenommen worden waren. Damit Sie es leichter haben, waren die Veränderungen auch aufgeführt.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben in Ihr tolles Gesetz 40 Änderungen eingebracht!)
Auf Wunsch der Küstenländer haben wir Veränderungen vorgenommen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: In Ihr ausgereiftes Gesetz haben Sie einen Tag vorher 40 Änderungen eingebracht!)
Das zweistufige Verfahren ist wieder eingeführt worden. Wir haben die Petition, die jetzt angesprochen worden ist, berücksichtigt. Wir haben zum ersten Mal datenschutzrechtliche Fragen geklärt. Wir haben dafür Sorge getragen, dass das Parlament für die Umsetzung zukünftiger internationaler Regelungen alleine zuständig ist. Die im Entwurf vorgesehene Regelung haben wir herausgenommen.
Ich sage ganz deutlich: Wir haben viele Punkte aufgenommen, die die Küstenländer über den Bundesrat eingebracht haben.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!)
Wir haben viele Punkte eingeführt, die in der Anhörung angesprochen wurden. Aber wir sind bei dem Grundprinzip, das wir für richtig halten, geblieben. Es ist auch richtig so, dass wir dies getan haben.
Danke.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als nächste Rednerin hat die Kollegin Gila Altmann vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Gila Altmann (Aurich) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich daran erinnern, dass auch noch andere Themen bzw. Anträge auf der Tagesordnung stehen. Auf die Frage, warum diese keine bzw. fast keine Berücksichtigung finden, komme ich gleich zu sprechen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil das ein Skandal ist! Weil wir heute ein Gesetz verabschieden, Frau Kollegin!)
Ich versuche es mit Sachlichkeit.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie und Sachlichkeit!)
Deshalb, Herr Goldmann, sage ich Ihnen: Auch ich war hinsichtlich des Seeunfalluntersuchungsgesetzes zu Beginn skeptisch.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nicht zu Beginn! Vor drei Tagen waren Sie noch
skeptisch! - Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)
Ich habe dieselben Schwierigkeiten gesehen und dieselben Zweifel gehabt, die auch Sie hier lautstark formuliert haben.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben noch in den letzten Tagen Interviews gegeben und gesagt, dass Sie dagegen sind! - Renate Blank [CDU/CSU]: Das ist doch die typische Masche: Zuerst in den Interviews dagegen sein und dann dafür stimmen!)
Nur ging es darum, eine gerechte Abwägung zwischen Transparenz und Datenschutz zu schaffen. Denn genau diesen demokratischen Anspruch haben wir.
Dann habe ich mich intensiv in diesen Gesetzentwurf eingearbeitet. Ich verstehe überhaupt nicht, warum auch seitens der PDS ein relativ einfaches und klares Verfahren, das jetzt in Angleichung an die Flugunfalluntersuchung und die Eisenbahnuntersuchung vorgesehen wird,
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das kann man doch nicht vergleichen!)
so schwer zu vermitteln ist - es sei denn, man möchte es gar nicht vermitteln.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Was jetzt neu ist, ist die Tatsache, dass zu einem bisher üblichen Verfahren ein weiteres hinzukommt, das von einer unabhängigen Bundesstelle geführt wird.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt doch nicht, Frau Altmann! Die Seeämter sind nur noch für den Patententzug zuständig!)
- Das waren sie vorher auch. An der Rolle der Seeämter ändert sich in dieser Hinsicht überhaupt nichts.
(Weitere Zurufe von der FDP)
- Herr Präsident, würden Sie den Herrn bitte etwas in die Schranken weisen? Sonst muss ich noch lauter brüllen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist in Ihrem Gehalt inbegriffen! Das müssen Sie aushalten! Seien Sie nicht so empfindlich, Sie haben früher auch immer dazwischen gerufen!)
Es geht darum, dass in Zukunft zwei verschiedene Verfahren angewendet werden. Das heißt, ein Verfahren kommt hinzu. Ich muss sagen: Wenn die verehrte Opposition nicht zwischen Ermittlungen und Verhandlungen unterscheiden kann, dann tut sie mir wirklich Leid.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Denn diese Nichtöffentlichkeit bezieht sich eben nicht auf Verhandlungen, sondern auf Ermittlungen. Das ist ein ganz übliches Verfahren. Die Berichte darüber sind nach wie vor öffentlich.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das trifft doch gar nicht zu!)
Insofern wird sich an dem Bisherigen nichts ändern.
(Zuruf von der FDP: Sie haben es nicht richtig gelesen!)
Ich habe einen ganz anderen Verdacht. Die Opposition schwingt sich zum Rächer der Enterbten auf, schürt dabei Ängste - das ist das Problem -
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ist das Ihr Ernst, was Sie gerade reden?)
und will damit letztlich von den Verfehlungen ihrer eigenen Regierungszeit ablenken. Wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren die Schiffssicherheit vorangetrieben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Bitte?)
- Genau so ist es!
Wenn wir nach dreieinhalb Jahren über Schiffssicherheit reden, dann ist auch eine Bilanz dessen zu ziehen, was wir übernommen haben.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Bei der "Pallas" haben Sie sich doch bis auf die Knochen blamiert!)
Als wir kurz nach dem "Pallas"-Unfall die Regierung übernommen haben, haben wir eine Zersplitterung der Zuständigkeiten vorgefunden, die Sie zu verantworten hatten und die mit dazu beigetragen hat, dass dieser Unfall überhaupt statt finden konnte.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nachher haben wir noch Schuld gehabt!)
Wir haben in der Zwischenzeit entschieden, dass ein zentrales Havariekommando aufgebaut wird, das seine Effizienz beweisen wird.
Herr Börnsen, Ihr neues Problembewusstsein ist sehr schön. Die neuen Vorschläge, die Sie hier bringen, muss ich aber wirklich mit Skepsis sehen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie Sie sich echauffieren können; denn als Sie es in der Hand hatten zu handeln, haben Sie jegliche Gefahr geleugnet. Das bezog sich besonders auf die Gefahren in der Ostsee. Wenn Sie eine hellere Stimme hätten, dann hätte ich vorhin, als Sie die Gefahren in der Ostseebeschworen haben, geglaubt, die Englein singen zu hören.
(Zuruf von der CDU/CSU: Es reicht, wenn Sie die am 22. September singen hören!)
Ich persönlich habe damals in Anfragen und Nachfragen und Anträgen immer wieder darauf hingewiesen. Immer ist gesagt worden: Es ist alles in Butter.
Selbst Ihr Antrag zum Ostseeschutz ist irgendwie nicht auf der Höhe der Zeit. In der Antragsbegründung - das darf ich einmal herausgreifen - benennen Sie drei anscheinend - Sie haben es eben immer noch nicht gelernt - unumstößliche Aspekte für ein erhöhtes Gefahrenpotenzial in der Ostsee. Ich zitiere:
Da es sich um ein internationales Gewässer handelt, gibt es hier weder eine Lotsannahmepflicht noch eine Radarüberwachung, noch ist es ein Verkehrstrennungsgebiet.
Sie haben nicht gemerkt, dass die Bundesregierung längst gehandelt hat. Bezüglich der Lotsannahmepflicht sind inzwischen deutliche Schritte eingeleitet worden. Die Bundesregierung hat eine Initiative bei der IMO ergriffen
- das ist Ihnen anscheinend durchgegangen - und sie wird sich auch weiterhin genau darum kümmern.
Bei der Radarüberwachung ist es genau dasselbe. Die Radarüberwachung ist unabhängig vom Status der Kadetrinne. Anfang 2001 wurde die neue Revierzentrale "Rostock-Warnemünde" in Betrieb genommen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr löblich!)
- Genau! - Die Bundesregierung hat für das gesamte System 13,5 Millionen DM bereitgestellt.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das haben Sie doch nicht auf den Weg gebracht, Frau Altmann!)
Die bisherige Verkehrszentrale ist durch ein hochleistungsfähiges Verkehrssicherungssystem ersetzt worden, das unter anderem mit einer Radar- und Schiffsdatenverarbeitung ausgerüstet ist.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
Gila Altmann (Aurich) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als Letztes möchte ich noch etwas zum Problem der Verkehrstrennung sagen. Auf Initiative von Deutschland und Dänemark hat die IMO bereits den Verkehrsweg T verlängert, quasi einen Lückenschluss hergestellt. In das Ganze ist jetzt die Kadetrinne einbezogen worden. Damit ist genau diese Sicherheitslücke geschlossen worden.
Herr Börnsen und Herr Goldmann, Sie sehen also: Während Sie noch diskutieren, hat Rot-Grün längst tatkräftig angepackt; Sie haben es, wie gesagt, nur nicht gemerkt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Widerspruch bei der CDU/
CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Kollegin Christine Lucyga von der SPD-Fraktion.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die hat demnächst auch kein Seeamt mehr! Es ist schon jetzt kein Personal mehr da!)
Dr. Christine Lucyga (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen Börnsen und Goldmann, eines kann man Ihren Beiträgen nun wahrlich nicht absprechen: Sie hatten einen beträchtlichen Unterhaltungswert.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, es ging so! - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr Leserbrief aber nicht!)
- Herr Goldmann, darauf komme ich gleich. - Bei dem, was Sie gesagt haben, musste ich an den alten Pennälerspruch denken: Wir wissen zwar nicht so recht, was wir wollen, aber das wollen wir mit ganzer Kraft.
Wir wissen, was wir wollen. Wir wollen die Schifffahrt sicherer machen.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ach Gott!)
- Reden Sie oder rede ich jetzt? Sie haben Ihre Redezeit schon gehabt. Jetzt müssen Sie mir zuhören. Ich habe mir den ganzen Stuss, den Sie erzählt haben, lange genug anhören müssen.
Wir wollen, dass die Schifffahrt in der Ostsee sicherer wird. Wir wollen Schiffsunfälle möglichst verhindern und ein effektiveres Notfallmanagement betreiben. Das sind unsere erklärten Zielsetzungen.
Ich möchte jetzt aber auf etwas anderes zu sprechen kommen, nämlich auf die Maßnahmen, die seit dem 30. März des vergangenen Jahres durchgeführt wurden, als die deutsche Ostseeküste von einer Ölpest bedroht wurde. Sie wissen: Eine der riskantesten Passagen in der Ostsee ist die so genannte Kadetrinne, die jährlich circa 60 000 Schiffspassagen zu verzeichnen hat. Es hat dort seit 1990 etwa 20 Kollisionen oder Grundberührungen gegeben. Die schwerste davon war die Kollision des Tankers "Baltic Carrier" mit dem Massengutfrachter "Tern".
Ich kann mich noch gut erinnern, wie groß das Entsetzen war, als die dänischen Strände kilometerweit verseucht wurden und Mecklenburg-Vorpommern noch einmal mit dem Schrecken davonkam, wie die öffentliche Berichterstattung immer wieder von den Bildern toter Seevögel, aber auch vom mühe vollen Kampf der Menschen gegen die Ölpest beherrscht wurde.
Ich erinnere mich aber mit genauso großem Unbehagen daran, dass seinerzeit etwas geschah, was hier im Grunde genommen wieder geschieht: dass die Ängste der Menschen und diese Katastrophe in einer üblen Form politisch instrumentalisiert wurden.
(Beifall bei der SPD)
Die geschmackloseste und zynischste Darbietung hat im Übrigen die Truppe von Stoiber-Berater Rehberg im Schweriner Landtag abgezogen. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Vorstellung. Das Prinzip ist immer das gleiche: Sie setzen nicht auf Problemlösung, sondern auf Schlammschlacht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Hilfreich ist das nicht und verantwortungsbewusst schon gar nicht. Da wir von gemeinsamer Verantwortung reden, möchte ich noch einmal sagen, dass sich gerade die Kollision in der Kadetrinne wie kaum ein anderes Beispiel dafür eignet, noch einmal die Notwendigkeit einer Änderung am Seeunfalluntersuchungsverfahren darzulegen; denn keines der fünf Seeämter ist bis jetzt in der Lage oder befugt, einen solchen Unfall zu untersuchen. Das kann uns doch nur nahe legen, die Unfalluntersuchung diesen Erfordernissen anzupassen. Ich frage Sie: Was hindert Sie, einer Verbesserung des Seeunfallverfahrens zuzustimmen? Warum verweigern Sie sich?
Unsere Anträge zur Schiffssicherheit in der Ostsee entstanden unmittel bar nach dem 30. März 2001 aus der Situation heraus; denn unser erklärtes Ziel ist es, in Ost- und Nordsee die Schiffssicherheit und maritime Notfallvorsorge entsprechend den Sicherheitsbedürfnissen von Mensch und Umwelt auf einheitlich hohem Niveau zu gewährleisten. Konkrete Maßnahmen sind bereits sehr rasch eingeleitet worden. Ich brauche nicht das zu wiederholen, was Frau Staatssekretärin Altmann dazu ausgeführt hat.
Ich erinnere unter anderem an die deutschen Initiativen zur Verlängerung des Tiefwasserweges der Kadetrinne und zur Verbesserung der Betonnung. Auch wurden auf deutsche Initiative sehr rasch wichtige Beschlüsse in der Ostseeministerkonferenz gefasst. Deutschland wird im Übrigen in nächster Zeit zu einem Workshop einladen, um die Wirksamkeit und Umsetzung dieser Maßnahmen zu bewerten. Ich glaube und meine, dass das Parlament in diesen Prozess gleichberechtigt einbezogen sein muss. Das werden wir so durchsetzen.
Den in unserem Antrag enthaltenen Prüfauftrag nehmen wir genauso ernst wie die Beschlüsse und Anforderungen, die aus der HELCOM-Sonderkonferenz hervorgegangen sind. Ich denke zum Beispiel an die Notwendigkeit, die Problematik von Nothäfen und Notreeden ausreichend zu klären. Es gibt viel zu tun; denn Schiffssicherheit in der Ostsee ist für uns keine Showveranstaltung wie für Sie, sondern ein Prozess, den wir konstruktiv gestalten müssen.
Danke.
(Beifall bei der SPD - Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ganz dumme Polemik ist das!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Kollegin Renate Blank von der CDU/CSU-Fraktion.
Renate Blank (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute Abend in dieser hitzigen Diskussion auch über den Binnen schifffahrts fonds, über den im Verkehrsausschuss gemeinsam beraten worden ist. Dem Gesetzentwurf über die Errichtung des Deutschen Binnenschifffahrtsfonds stimmen wir im Interesse der deutschen Binnenschifffahrt zu, da die Mittel des Fonds zur Förderung der Binnenschifffahrt und im Falle einer schweren Marktstörung für Abwrackmaßnahmen verwendet werden können. Der Fonds verfügt über Einnahmen, die die deutschen Binnenschifffahrtsunternehmen im Rahmen der so genannten Alt-für-Neu-Regelung bei Erweiterung ihrer Schiffskapazitäten entrichten. So weit, so gut.
Es handelt sich hier um einen Gesetzentwurf von Rot-Grün. Die Bundesregierung war laut Verordnung des Rates vom März 1999 eigentlich zum Handeln aufgefordert, ist aber untätig geblieben. Wahrscheinlich ist die Angelegenheit beim ständigen Ministerwechsel im Ministerium untergegangen. Deshalb wurde sie vom Parlament aufgegriffen.
Kollegin Faße von der SPD, es gibt noch eine fraktionsübergreifende Gruppe Binnenschifffahrt, die seit 1995 gemeinsam - ich betone: gemeinsam - viel für das deutsche Gewerbe getan hat, insbesondere in den Jahren bis zur Bundestagswahl 1998. Mit Ihrem Entwurf - ohne je mit mir oder dem Kollegen Goldmann darüber gesprochen zu haben, obwohl Sie sicherlich ahnten, dass wir uns einem gemeinsamen Gesetzentwurf nicht verweigern würden - haben Sie den Weg der gemeinsamen
Bemühungen für die Binnenschifffahrt verlassen, aus welchen Gründen auch immer.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Was ist das Ziel des Binnenschifffahrtsfonds? Nach der in den letzten zehn Jahren zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage des Gewerbes realisierten Strukturbereinigung in der Güterschifffahrt der Europäischen Union ist das erreichte Ergebnis durch weitere Marktbeobachtung und -regulierung abzusichern. Vor allem ist der Neuzugang an Frachtraum zu regeln, um das erneute Entstehen struktureller Überkapazitäten zu verhindern. Das Schifffahrtsgewerbe, die EU und die beteiligten Mitgliedstaaten Belgien, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Deutschland kamen überein, das Inverkehrbringen neuer Kapazitäten für eine Übergangsphase von vier Jahren nur unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen. Die vier Jahre sind bald um. Deswegen muss weiter im Interesse des deutschen Gewerbes gehandelt werden.
Das deutsche Gewerbe braucht dringend Unterstützung. Es genügt nicht, sich in Sonntagsreden hinzustellen und vom umweltfreundlichen Verkehrsträger Binnenschiff zu sprechen, was insbesondere die Grünen gerne tun. Es muss gehandelt werden. Dazu gehört nun einmal, dass man sich um die Wasserstraßeninfrastruktur kümmert, damit die Binnenschifffahrt in der Lage ist,
Logistikketten aufzubauen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie alle Ausbaumaßnahmen ablehnen oder verzögern, hilft dies der Verlagerung von Verkehr auf das Binnenschiff überhaupt nicht. Die gestrige Anhörung zum Donau-Ausbau hat doch deutlich gemacht, dass die Bundesregierung endlich tätig werden muss. Alles, aber auch wirklich alles, ist nun untersucht und begutachtet worden.
(V o r s i t z: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)
Allein in den letzten zehn Jahren sind es mindestens
30 Gutachten gewesen. Minister Bodewig muss das Raumordnungsverfahren nun zügig einleiten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Dabei sind die Maßnahmen aufzunehmen, die gewährleisten, dass die im Jahre 1996 zwischen dem Bund und Bayern vertraglich vereinbarte Ausbautiefe erreicht wird. Mit flussbaulichen Maßnahmen allein - das ist gestern deutlich geworden - ist die Abladetiefe von 2,5 Metern nicht zu erreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wir brauchen gut ausgebaute Verkehrswege, ausreichende Transportkapazitäten, Maßnahmen zum Abbau des Harmonisierungsdefizits auf EU-Ebene im fiskalischen und sozialen Bereich, Hilfen für den Modernisierungsbedarf der Flotte, verkehrspolitische Maßnahmen, um die Kooperation auszuschöpfen, die Förderung von Umschlageinrichtungen, ein Konzept für eine gesamteuropäische Binnenschifffahrtspolitik, eine Reform der Besatzungsordnung, die Einhaltung und Kontrolle der Kabotagebestimmungen und der Tarife in den bilateralen Binnenschifffahrtsabkommen sowie im Hinblick auf die Osterweiterung Maßnahmen, um die Wettbewerbssituation des deutschen Gewerbes zu erhalten und zu sichern.
Die Bundesregierung hat die deutsche Binnenschifffahrt vernachlässigt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mittlerweile scheint sie aber erkannt zu haben, dass Handlungsbedarf besteht, weshalb sie sich dazu durchgerungen hat, ein Gutachten "Potenziale und Zukunft der deutschen Binnenschifffahrt" auszuschreiben. Allerdings wird dieses Gutachten erst Mitte 2003 vorliegen. Bis dahin aber werden die Partikuliere in Deutschland noch weniger geworden sein. Aber es besteht eine Hoffnung für das Binnenschifffahrtsgewerbe, wenn wir am 22. September wieder die Regierungsverantwortung übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Margrit Wetzel.
Dr. Margrit Wetzel (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie erinnern sich an die Kollision des Tankers "Baltic Carrier" mit dem kleinen Frachter "Tern" in der Ostsee. Zur Reparatur lief die "Tern" Rostock an. Lassen Sie uns für einen Moment zu den philippinischen, rumänischen und polnischen Seeleuten an Bord gehen.
Durch die Kollision schwer traumatisiert, darf die Besatzung dennoch nicht von Bord. Sie muss aufräumen und steht dabei oft knöchelhoch im Ölschlamm. Telefonieren ist erlaubt: fünf Minuten pro Mann und Tag unter Aufsicht der Schiffsleitung oder eines Reedereivertreters. Nach einer Woche dürfen die Männer erstmals an Land. Sie können im Rostocker Seemannsclub aufatmen und ungestört und lange mit der Familie telefonieren. Seelsorge wird möglich; auf Wunsch der Besatzung wird eine gemeinsame Andacht abgehalten.
Begleiten Sie mich nach Hamburg in den Internationalen Seemannsclub "Duckdalben", eine von zahlreichen Einrichtungen der weltweiten Seemannsmission. Sonntagabend, 19 Uhr: Ein Seemann aus Tuvalu bittet um Teststreifen für sein Diabetesmessgerät von einem deutschen Hersteller und geht davon aus, dass sie bis Montagmittag wohl zu besorgen sein sollten. Die Realität sieht anders aus. Das Testgerät wurde in Frankreich gekauft und die passenden Streifen gibt es nur dort. Die Internationale Apotheke braucht 14 Tage, um sie zu besorgen. Vom "Duckdalben" wird der Kollege in Le Havre angerufen. Er kauft sie und schickt sie zum nächsten Hafen
voraus. In Felixstowe wartet der Seemannsdiakon mit den Teststreifen auf den Seemann aus Tuvalu.
Ohne die Missionen wären Seeleute oft hilflos: ohne Telefonkarten oder -zellen, allein zwischen Containern, Kränen und Kaimauern, kein Taxi weit und breit. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist soziale Betreuung von Seeleuten.
(Beifall bei der SPD)
Kennen Sie das weltweit einschlägige Symbol für festen Boden unter den Füßen? - Es ist der Billardtisch. Können Sie sich die unbändige Freude des nigerianischen Seemanns vorstellen, der mitten im Winter in leichter Sommerkleidung von Bord kommt, im Seemannsclub zufällig einen Fußball sieht und dem auf seine Frage ein ganzjährig bespielbares Fußballfeld bestätigt wird sowie Winterkleidung und feste Schuhe aus dem ITF-Fonds gezeigt werden? Verwunderung im Club: Er lässt sich sofort zurück an Bord bringen. Dort erst zeigt sich das ganze Ausmaß seiner Begeisterung. Aus allen Ecken stürmen Seeleute hervor: in Kochskleidung, im Blaumann, mit Helm, mit Sicherheitsschuhen und Badelatschen. So viele wie möglich quetschen sich in den Kleinbus und stürmen die Schuh- und Kleidungskiste im Club. Sie genießen das Fußballspiel, wie es sich wohl kaum jemand von uns jemals vorstellen könnte. Dank ITF und Seemannsmission ist dies eine gute, freundliche, liebevolle Visitenkarte eines deutschen Hafens.
1,2 Millionen Seeleute sind immer in der Ferne, fremd unter Fremden. Sie finden Fürsorge, Zuwendung, Freundlichkeit, Hilfe, wenn nötig auch ein Stück Zuhause im Seemannsheim, im Club und manchmal sogar in der Home Mission, der Aufnahme in die Familie des Seemannsdiakons. Können Sie ermessen, was Seeleute empfinden, wenn sie - oft monatelang fern von der eigenen Familie, fern von den eigenen Kindern - möglicherweise gerade in der Weihnachtszeit in einem Seemannsclub plötzlich auf ein kleines Kind oder auf einen Hauskater treffen? Ich glaube, wir können uns kaum vorstellen, was dann in den Seeleuten vorgeht.
Support of Seafarer's Dignity - das kann man nicht kaufen, das muss man leben. In unseren Missionen wird das gelebt. Deshalb hat der Bundespräsident die Schirmherrschaft über die Weltkonferenz der Seemannsmissionen übernommen und deshalb beschließen wir heute die Ratifizierung der ILO-Resolution 163.
(Jürgen Koppelin [FDP]: Sie hätten im Bundeshaushalt etwas machen können! Das haben Sie abgelehnt!)
Ich danke Ihnen allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür, dass das möglich ist.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Konrad Kunick.
Konrad Kunick (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal ganz kurz die Debatte zum SUG aufnehmen. Wenn man einigen Debattenrednern heute zugehört hat, dann wird ja wohl die Axt an ein demokratisch-rechtsstaatliches Gerichtsverfahren zugunsten der Einschränkung von Transparenz gelegt.
(Heiterkeit bei der SPD)
So klang das zumindest.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Auch das haben Sie falsch verstanden!)
- Herr Goldmann, nun bleiben Sie mal ganz ruhig!
Worum geht es wirklich? Das bisherige Seeamtsverfahren ist in einem Behördenakt zugleich Unfalluntersuchung und Schuldzuweisung durch ein Expertengremium, bestehend aus einem Volljuristen als Vorsitzenden und drei Beisitzern, die aus den Verbänden vorgeschlagen werden, sachverständigen Beisitzern aus Seefahrts- und mit der Seefahrt eng verbundenen Berufen.
Parallel zu diesem Verfahren laufen in der Praxis die Verhandlungen über den Schadensausgleich zwischen den Juristen der Reeder und den Juristen der Versicherer. Wenn es für den Abschluss des Verfahrens erforderlich ist, folgt als Abschluss der Schuldspruch gegen den Kapitän. Der ist nämlich für das Schiff umfassend verantwortlich und hinter dem tritt der Reeder völlig zurück. Wenn es gelingt, nachzuweisen, dass der Kapitän schuld ist, haftet nach deutschem Recht der Reeder nicht mehr.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist der Kern der Angelegenheit. Darum geht es - und weniger um Transparenzfragen.
Dieses bisherige Verfahren der Seeamtsverhandlung ist nur dann wirksam, wenn Unfälle in deutschen Hoheitsgewässern verhandelt werden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Warum hat sich dann die Bremer Bürgerschaft geschlossen dagegen ausgesprochen? Ist die SPD nicht mehr darin?)
Unfälle deutscher Schiffe und deutscher Staatsbürger auf hoher See und in anderen Hoheitsgewässern können so nicht untersucht werden.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht!)
Wir führen deshalb jetzt eine Unfalluntersuchungsbehörde ein, die zuständig ist für die technische Unfalluntersuchung auf Schiffen "round the world", wenn deutsche Schiffe, deutsche Mannschaften oder deutsche Staatsbürger betroffen sind.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt nicht! "Kann" steht da!)
Sie ist außerdem für die technische Unfallermittlung in deutschen Hoheitsgewässern zuständig.
Wir führen eine Untersuchungsbehörde mit einem technischen Unfalluntersuchungsverfahren ein, das dem der Flugunfalluntersuchung entspricht. Das ist eine der Forderungen der Grobecker-Kommission, der Sie nun unterstellen wollen, sie hätte dies aber nicht aus vollem Herzen empfohlen.
(Beifall bei der SPD - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nein!)
Kritiker wie Sie, Herr Goldmann, empören sich, die Arbeit der zukünftigen Untersuchungsbehörde für
Schiffsunfälle, die beim Oberseeamt angesiedelt wird, werde nun nicht öffentlich sein. Wie ist denn die kriminaltechnische Untersuchung bei einem an einen Baum gefahrenen Omnibus? Wird der im Zweifelsfall nicht erst einmal beschlagnahmt und untersucht? Wird der Fahrer nicht erst einmal zu dem Unfallhergang ohne Öffentlichkeit gehört, bevor ein öffentliches Gerichtsverfahren eingeleitet wird? Oder wurde das ICE-Unglück von Eschede nicht zunächst nicht öffentlich durch das Eisen-Bahnbundesamt untersucht? Wird denn zum Beispiel der Unfall eines Omnibusses hinsichtlich der technischen Ursachen wie eventuellen menschlichen Versagens vor einem "Amt" genannten Gremium aus einem hauptamtlichen Juristen und Beisitzern aus den Reihen des ADAC, von Fahrlehrern, Busherstellern und Reparateuren untersucht?
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Herr Kunick!)
Und ist der Busunternehmer dann aus allen Kalamitäten heraus, wenn sich die Juristen der Versicherer und der Betroffenen geeinigt haben und dem Busfahrer der Führerschein abgenommen wird? So nämlich sieht es vergleichsweise in unserem alten Seeunfallsverfahren aus.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Iris Gleicke [SPD]: Das ist leider richtig! Deshalb ändern wir es!)
Bedeutende und schwerwiegende Unfälle in der Luft und an Land werden zunächst durch Untersuchungsbehörden ohne die Öffentlichkeit der Interessenten voruntersucht, ehe es zu öffentlichen Gerichtsverfahren kommt, von denen Sie, Herr Börnsen, sagen, man wisse dann ja nicht, was dabei herauskommt. Ein unkontrolliertes Verfahren vor den Gerichten drohe.
(Zuruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])
Wir führen eine Untersuchungsbehörde ein, die die Weiterentwicklung von internationalen Schiffsführungsvorschriften, Arbeitssicherheitsvorschriften und Schiffbauvorschriften im nationalen und internationalen Rahmen zur Aufgabe hat.
Die Kompetenzen der Seeämter für den Entzug von Schifffahrtspatenten bleiben im bisherigen Maße erhalten. Die technischen Unfallursachen werden zukünftig genauer geklärt, als dies bisher bei den Seeämtern der Fall war.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich werden dabei keinem Beteiligten die Rechte beschnitten, Gegengutachten zu bestellen und gegebenenfalls den Weg der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu beschreiten. Gegen die Seeamtssprüche kann auch zukünftig die Wasser- und Schifffahrtsdirektion angerufen werden und gegen Entscheidungen der Wasser- und Schifffahrtsdirektion die Verwaltungsgerichtsbarkeit
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Kollege Kunick, Sie müssten nun eine elegante Wendung zum Schluss finden.
Konrad Kunick (SPD): Ich fasse also zusammen: Das neue Schiffsunfallrecht dient der Verbesserung der Sicherung der maritimen Umwelt, dem Schutz der Bevölkerung an der Küste, der Sicherheit der Schiffsbesatzungen und der Stärkung der Rechte des Kapitäns; auf ihn kann nicht mehr alles abgeladen werden. Es berücksichtigt die neues ten internationalen IMO-Bestimmungen sowie die Praxis der Unfallermittlung in Deutschland bei anderen Verkehrsmitteln.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das müssen Sie einmal in Bremen erzählen! In Bremen glaubt Ihnen das niemand!)
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir sind an sich am Schluss der Debatte. Herr Kollege Börnsen, wollten Sie noch eine Kurzintervention machen?
(Annette Faße [SPD]: Wer geredet hat, darf doch keine Kurzintervention machen! Ich dürfte das nicht!)
Da Sie geredet haben, wäre es nicht so glücklich, eine Kurzintervention zu machen, zumal wir am Ende der Debatte sind.
Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Frau Präsidentin, ich werde darauf verzichten, Herrn Kunick zu fragen, warum sich gestern die Bremer Bürgerschaft einstimmig gegen das SeeUG ausgesprochen hat.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Es wird keine Antwort erwünscht. - Wir sind damit am Schluss dieser Debatte.
Tagesordnungspunkt 6 a: Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetzes. Der Auschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition angenommen.
Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich Sie, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.
Abstimmung über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Seeunfalluntersuchungsgesetzes auf Drucksache 14/6892. Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/8264, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der PDS abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Tagesordnungspunkt 6 b: Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Binnenschifffahrtsfondsgesetzes auf Drucksache 14/6159. Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7882, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Bitte erheben Sie sich, wenn Sie dem Gesetzentwurf auch in der dritten Beratung zustimmen wollen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 6 c: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung über den Bericht der Kommission für den Europäischen Rat von Biarritz über die Gesamtstrategie der Gemeinschaft für die Sicherheit im Seeverkehr. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/6251, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Tagesordnungspunkt 6 d: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen auf Drucksache 14/6909. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 14/6211 mit dem Titel "Schiffs-
sicherheit auf der Ostsee verbessern". Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen, der FDP und der PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 14/5752 zur Optimierung der Ostseesicherheit im Bereich der Kadetrinne abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der gesamten Opposition angenommen.
Tagesordnungspunkt 6 e: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung über die Mitteilung über die Verbesserung der Dienstqualität in Seehäfen und über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Marktzugang für Hafendienste. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 14/7890, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der PDS gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Tagesordnungspunkt 6 f: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf Drucksache 14/7898 zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel: "ILO-Über einkommen über die soziale Betreuung der Seeleute ratifizieren". Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 14/5247 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 6 g: Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 14/8108 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Margrit Wetzel (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Anpassung bestimmter Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard - Drucksache 14/6455 - (Tagesordnungspunkt 6 a)
An der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 6 a und g (Drucksachen 14/6455 und 14/8108 sowie Drucksache 14/8264) nehme ich nach § 31 Abs. 2 GO nicht teil. Art. 2 des Zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetzes war während der Beratungen heftiger Kritik ausgesetzt, die ich in der Sache teile. Die Küstenländer haben in einer
gemeinsamen Empfehlung an die Parlamentarier einen Alternativvorschlag vorgelegt, den ich für die bessere Lösung halte. Für diese Alternative habe ich in den Koalitionsfraktionen keine Mehrheiten erringen können.
|