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LANDTAGSFRAKTION

Nr. 393/01 vom 27. September 2001

TOP 21

Heinz Maurus: Seeunfalluntersuchung ist praxisfremd

Seit der Havarie der Pallas beschäftigen wir uns in diesem Hause verstärkt mit der Sicherheit auf See.

Mit großer Spannung haben wir die Empfehlungen der "Unabhängigen Expertenkommission" zur Havarie der Pallas erwartet, verbunden mit der Hoffnung; ein verbessertes Sicherheitskonzept für Ost- und Nordsee mit konkreten Maßnahmen zu erhalten.

Gegenwärtig hat es den Anschein, als wenn tatsächlich wirkungsvolle Schritte für ein Schutzkonzept nicht unternommen werden, obwohl in verschiedenen Konferenzen ihre Notwendigkeit immer wieder eingefordert wird. Dies erfüllt uns mit großer Sorge.

Sicherheitsrelevante Forderungen, wie z.B. die dringend notwendige dauerhafte Stationierung eines leistungsfähigen Sicherheitsschleppers oder die Schaffung einer effizienten Küstenwachstruktur werden bislang nur halbherzig oder gar nicht umgesetzt.

Von daher ist es für uns unverständlich, dass das Bundesverkehrsministerium als Konsequenz aus dem Pallas-Unfall sich vordinglich auf ein neues Seeunfalluntersuchungsgesetz konzentriert, statt auf die zentralen Sicherheitsbedürfnisse einzugehen. Und ich kann hier nur dem Kollegen Wolfgang Börnsen zustimmen, der im Deutschen Bundestag erklärt hat:

"Wenn sie – nämlich die Bundesregierung – schon keine wirksame Unfallprävention betreibt, muss sie wenigstens die Unfalluntersuchung so organisieren, dass diese Schwächen niemand merkt."

Ich danke dem Kollegen Malerius, dass er die Initiative ergriffen hat, die Landesregierung aufzufordern zwar im Bundesrat darauf zu dringen, dass das derzeitige Seeunfalluntersuchungsgesetz novelliert wird, aber den am 27.06.01 vorgelegten Entwurf des zweiten Seeschifffahrtsanpassungsgesetzes nicht zuzustimmen.

Dieser Gesetzentwurf ist in der vorliegenden Fassung absolut praxisfremd und führt nicht zu einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung des Verfahrens.

Dies weil:

  1. Das Untersuchungsverfahren nicht mehr öffentlich ist, d.h. alle Beteiligten werden separat vernommen. Sie haben keine Kenntnis des Untersuchungsablaufs und somit nicht die Gelegenheit der Gegenseite zu antworten und damit Widersprüchen zu begegnen.
  2. Nur das Untersuchungsergebnis veröffentlicht wird, nicht die Aufzeichnungen sowie die einzelnen Aussagen.
    Die Einleitung vorbeugender Maßnahmen und eine damit verbundene Verbesserung der Sicherheit auf See wird damit erschwert.
  3. Die Zweistufigkeit des Verfahrens aufgegeben wird.
    Damit entfällt die Möglichkeit dem Untersuchungsergebnis von einer weiteren Instanz überprüfen zu lassen.
    Ein in jedem anderen rechtsstaatlichen Verfahren eingeräumtes Widerspruchsrecht entfällt.
  4. Es zur Interessenkollision innerhalb einer Behörde kommen kann.
    Die Fachaufsicht über die Seeämter im Bundesverkehrsministerium sollte so geregelt werden, dass nicht mehr ein Fachreferat gleichzeitig die Fachaufsicht für die Schiffdezernate in den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen und die Seeämter ausübt. Dies ist mit dem Gedanken unabhängiger Seeämter nicht vereinbar.
  5. Die Anlehnung von Seeunfalluntersuchungen an Flugunfalluntersuchungen verfehlt ist.
    Eine Anpassung der Seeunfalluntersuchung an die Vorschriften des Flugunfalluntersuchungsgesetzes trägt in keiner Weise der Unterschiedlichkeit von Schiffsunfällen und Flugunfällen Rechnung.

Soweit nur einige Kritikpunkte, sie vollzählig aufzuführen und zu begründen fehlt die Zeit.

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Die internationale Zusammenarbeit ist selbstverständlich verbesserungsfähig und eine Novellierung der gesetzlichen Grundlagen angebracht, dies aber ohne dass damit gleich das gesamte bewährte System geändert werden müsste. Es wäre sicherlich auch möglich die bestehenden Regelungen des § 24a SeeUG auf die Seeämter zu übertragen. Darüber hinaus sollte der IMO-Code für die Untersuchung von Seeunfällen als Verfahrensregelung für internationale Untersuchungen als Zusatz des § 24a SeeUG eingeführt werden.

Dieser Zusatz sollte allerdings nur für andere interessierte Flaggenstaaten gelten, die ihrerseits ebenfalls eine verbindliche Möglichkeit zur gemeinsamen Untersuchung nach den IMO-Code geregelt haben.

Vielleicht ist dies auch über eine Durchführungsverordnung regelbar.

Ich hoffe, das es uns gelingt mit unserem gemeinsamen Antrag eine bedarfsgerechte, praktikable Lösung über den Bundesrat zu erreichen.

Pressesprecher
Bernd Sanders
Landeshaus
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